Übersicht Waffen - stilübergreifend
Natürlich ist aus moderner Sicht der Sinn von Unterricht in traditionellen Blank- und Holzwaffen nicht sofort ersichtlich. Was hilft es einem heutzutage Waffentechniken zu beherrschen, die man im Ernstfall nicht einsetzen kann, weil man z.B. nur selten mit einem Speer in einer U-Bahn unterwegs ist?
Aus unserer Sicht dient der Unterricht in traditionellen Waffen vor allem dazu, die Prinzipien aus dem waffenlosen Training zu intensivieren und durch die Waffentechniken eine neue Perspektive einzunehmen.
Im Endeffekt ist eine traditionelle Waffe primär ein Instrument seine Körperbewegungen besser zu verstehen. Ein 4 kg schwerer 190 cm langer Stock stellt hierbei nicht allein physisch eine Herausforderung dar, sondern bringt den Trainierenden auch in andere Weise an seine technischen Grenzen.
Modern gelten Stock, Speer, Schwert und Säbel als die vier grundlegenden traditionellen Waffentypen, da sie ganze Waffenfamilien repräsentieren. Im chinesischen Sortiment befinden sich jedoch unzählige Variationen und sehr exotische Waffen, die in vielen oder nur in einzelnen Kampfkunststilen trainiert werden (z.B. Die Doppelmondmesser Yuan Yang Yue im Ba Gua Zhang).
In unserem Verein konzentriert sich die Ausbildung für Fortgeschrittene Schüler auf folgende Waffentypen:
Langstock (Gun)
Der Stock, Gun, gehört sowohl geschichtlich wie auch didaktisch an den Anfang jeglichen Waffenunterrichts. Der Stock wird in China auch oft „Die Mutter aller Waffen“ genannt, da er neben Steinen und Knüppeln die erste effektive Waffe der Antike darstellte. Aber auch, weil durch Variation am Stock ganze Waffengattungen entstanden sind: Speere (Qiang), Hellebarden (Kwan Dao), Langschwerter (Pu Dao) oder der Dreistock (San Jie Gun).
Gun Techniken werden vor allem im Shaolin und Xing Yi integriert, wobei sich gerade das Shaolin Gun in China besonderer Popularität erfreut, da der „Stock der Shaolin“ eine der vielseitigsten und effektivsten traditionellen Waffen überhaupt darstellt. Je nach Stil gibt es Solo-Formen, Basistechniken und Partnerübungen. Chinesische Guns sind normalerweise aus Eschenholz (flexibler als Roteiche) und länger als die eigene Körpergröße (im Gegensatz zum japanischen Bo).
Kurzstock (Bian Gan, 13 Hand-Stock)
Der Kurzstock ist normalerweise ein Drittel so lang wie der Langstock und wird ein- oder zweihändig geführt. Kurzstockformen finden sich in verschiedenen Kampfkunststilen, wobei in unserem Verein besonders Shaolin und Xing Yi Formen trainiert werden. Kurzstocktraining bietet sich vor allem für fortgeschrittene Schüler an, da sichere Beinarbeit notwendige Voraussetzung ist.
Auch hier gibt es Einzel-, Partner- und Formenübungen, in denen man verschiedene Techniken zu automatisieren lernt.
Säbel (Dao)
Der chinesische Säbel ist in Europa etwas weniger bekannt, als sein japanisches Pendant (Katana), jedoch gibt es in China eine Vielzahl unterschiedlicher Säbelformen und Kampfstile. Chinesische Säbel zeichnen sich durch einen gebogenen Griffbereich aus (ähnlich dem eines Revolvers) und werden sowohl ein- als auch zweihändig geführt.
In unserem Verein trainieren wir nicht mit Vorführungssäbeln (d.h. flexible und leichte Säbel), sondern mit so genannten Kriegssäbeln, d.h. bis zu 2,5 kg schwere und mit stabilen Klingen versehende Säbel. Im Gegensatz zum Stock und Speer stellt der Säbel eine sehr offensive Waffe dar, bei der man selbst große Risiken aufnimmt um die Techniken umzusetzen. Daher wird Säbel nur für Schüler im weit fortgeschrittenen Stadium unterrichtet. Für Partnerübungen verwenden wir Trainingssäbel aus einem robusten Kunststoffwerkstoff.
Säbeltypen: Liuye Dao (Weidenblattsäbel, einhändig), Zhanma dao (Pferdeschlitzersäbel, zweihändig), Dakan dao (Hack-Säbel, Zweihändig), u.A.
Schwert (Jian)
Zumindest durch moderne chinesische Schwertmeisterfilme wie „Tiger and Dragon“ oder „Hero“, sind chinesische Schwerter und Schwerstile im europäischen Kontext etwas bekannter geworden. Das chinesische Schwert entspricht von den Techniken eher dem europäischen Florett, wird jedoch je nach Stil ein- oder zweihändig geführt. Es besitzt zwei scharfe Klingenseiten und wird in fast jeden Wu Shu Stil trainiert.
Auch der Schwertunterricht ist nur für weit Fortgeschrittenen Schüler vorgesehen. Im Xingyi Stil wird vor allem mit einem zweihändigen Schwert trainiert.
Speer (Qiang)
Der Speer ist neben dem Stock die wichtigste Langwaffe in China, den es je nach Epoche, Kampfstil und Anwendungsbereich in unzählbaren Variationen im Kampf zu sehen gab. Neben der „klassischen“ geraden Speerspitze gab es Spitzen mit Widerhaken, Hellebardenvarianten, geschwungene und gespaltene Spitzen, uvm.
Besonders wichtig ist der Speerunterricht für das Xing Yi Training, da der Faustkampf (Xing Yi Quan) sich direkt aus dem Speerkampf entwickelt hat.
Neben dem Stock ist der Speer meist die erste Waffengattung, die in unserem Verein unterrichtet wird. Wir trainieren mit “normalen Speeren” (ca. 2,30 m Länge) und Langspeeren/Lanzen (bis 3,20 m Länge).
